Visuelle zeichen thermischer Überlastung von LEDs

Hier werden Fragen zu LED-Grundlagen beantwortet...

Moderator: T.Hoffmann

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Wolframwurm74
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So, 23.09.18, 00:52

Guten Abend an alle mitlesenden Forenmitglieder,

ich habe eine Frage bezüglich thermischer Überlastung von LEDs und ob daraus resultierende Schäden rein visuell erkannt werden können. Konkret geht es um eine Aquariumlampe, welche ich gebraucht gekauft habe und laut Verkäufer nur wenig genutzt wurde. Die Lampe enthält mehrere 3 Watt Bridgelux/Epileds LED Chips, von denen sich zwei deutlich von den anderen Unterscheiden und einen merkwürdigen Eindruck machen.

Bei dem einen Chip ist das Deckglas ringförmig milchig verändert und bei dem anderen ist die Linse sichtlich bräunlich verfärbt und aufgequollen.
Hier ein Bild dazu.

Bild

Es ist jeweil der betroffene Chip zu sehen und ein unveränderter Chip zum Vergleich.

Für mich ist offensichtlich, dass das so nicht sein sollte. Nur wie kann eine solche Veränderung entstehen und wie ist sie bezüglich der vergangenen und künftigen Benutzungsdauer einzuschätzen? Ist so eine Veränderung schon nach kurzer Zeit möglich oder doch erst nach einem exzessiven Betrieb. Sind das normale Verbrauchsspuren oder steht doch eher ein abnormaler/fragwürdiger Prozess dahinter? Ich habe leider keinerlei Expertise auf diesem Gebiet, ich würde einfach mal laienmäßig annehmen, dass wir es hier mit einem Fall von thermischer Schädigung zutun haben. :?:

Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir helfen könntet und mir Eure Einschätzung zu dem Ganzen geben würdet.
Hier gibts doch bestimmt viele, die sich mega gut auskennen und viel Praxiserfahrung haben. :)

Vielen Dank und beste Grüße
Wolframwurm74
dieterr
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So, 23.09.18, 11:30

Ich kann das nicht einschätzen, aber ähnliches habe ich derletzt schon mal gesehen, und zwar hier: http://www.*********.de/index.php/Threa ... post368972

Da sind es wohl die Linsen, ob das bei dir auch gilt. kann ich anhand der Bilder nicht beurteilen.
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John.S
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So, 23.09.18, 12:18

Bräunliche Verfärbungen sind ein deutliches Zeichen für Überhitzung weit über 100°C, was wiederum die Lebensdauer negativ beeinflusst. Sprich: Der Wirkungsggrad der Chips dürfte schon deutlich gesunken sein und ich würde Abstand von solchen LEDs nehmen bzw. deswegen weniger zahlen wollen. Die drei LEDs auf deinen Aufnahmen, speziell die 3. LED, sehen schon wirklich fast kaputt aus.

Was die Dauer angeht, die solche Verfärbungen benötigen: Hängt stark davon ab, wie groß die Temperatur war und welche Materialien da bei der jeweiligen LED sonst noch so verbaut sind. Bei richtig schlechter Kühlung kann sowas schon ziemlich schnell, also nach einigen zig Stunden passieren.

Dann gibt es noch einen anderen Effekt, wenn der verbaute Kunststoff der Linsen nicht so gut ist und schon vom blauen Licht der LEDs angegriffen wird und sich dann immer gelblicher verfärbt. Das ist also ein photochemischer Effekt ähnlich wie beim UV-Licht und hat mit schlechter Kühlung der LEDs nichts zutun.
Wolframwurm74
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Mo, 24.09.18, 13:14

Vielen Dank für die Antworten!
Ich bin auch absolut nicht zufrieden mit der Lampe und werde jetzt mal schauen was ich weiter mache.

Rein aus Interesse, gibt es irgendwelche Quellen in denen mehr bezüglich der photochemischen Reaktion zu erfahren ist ?
Was dabei genau passiert ist wohl vom verwendeten Kunststoff abhängig. Bei bestimmt Polycarbonate spielt wohl die Photo Fries Umlagerung eine Rolle.

Beste Grüße
Wolframwurm74
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Achim H
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Mo, 24.09.18, 19:22

Defekte Leds und Linsen müssen ersetzt werden.

Fraglich bleibt, warum die Leds überhitzt sind:
- wurden die Leds mit einem zu hohen Strom betrieben?
- Montagefläche am Kühlkörper nicht plan?
- keine, zu wenig oder zu viel Wärmeleitpaste verwendet?
- wurde die Luftzirkulation zum Kühlkörper behindert (passiv gekühlt --> abgedeckt, aktiv gekühlt --> Lüfter ausgefallen)?

Da der genaue Typ Led (Hersteller, Farbtemperatur, Helligkeits-Bin), nicht bekannt ist und anzunehmen ist, dass alle anderen (noch nicht verfärbten) Leds schon vorgeschädigt sind, sollten alle montierten Leds ersetzt werden. Dadurch würden alle Leds auch alle in der gleichen Farbe und mit der gleichen Helligkeit leuchten.
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John.S
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Di, 25.09.18, 00:37

Wolframwurm74 hat geschrieben:Vielen Dank für die Antworten!
Ich bin auch absolut nicht zufrieden mit der Lampe und werde jetzt mal schauen was ich weiter mache.

Rein aus Interesse, gibt es irgendwelche Quellen in denen mehr bezüglich der photochemischen Reaktion zu erfahren ist ?
Was dabei genau passiert ist wohl vom verwendeten Kunststoff abhängig. Bei bestimmt Polycarbonate spielt wohl die Photo Fries Umlagerung eine Rolle.

Beste Grüße
Wolframwurm74
Ach ja, Stichwort "exzessiver Betrieb": So etwas gibt es bei gut gemachten LED-Leuchten eigentlich gar nicht. Ich habe vor 11 Jahren für meine Mutter LED-Pflanzenleuchten mit Cree XR-E (die damals 2007 brandneu und supereffizient waren...) gebaut. Keine besonders gute Kühlung mit Alu-Profilen bei ~55°C und Wärmeleitklebepad, welches nicht so gut die Wärme leitet und dazu noch vergleichsweise dick ist, trotzdem funktionieren ALLE Leisten heute noch ausgezeichnet bei jeweils 700mA/Strang und das wohlgemerkt ohne KSQ sondern einfach nur mit Laptop-Netzteil+Widerstand.

Das Problem bei käuflichen LED-Leuchten ist oft, dass diese erstens thermisch sehr knapp ausgelegt sind, und zweitens gerne mal der eine oder andere Fehler entweder absichtlich (billiger) oder unabsichtlich gemacht wird. Und bei dieser Kombination ist dann ein vorzeitiges Versagen vorprogrammiert. Wenn der Kühler großzügig ausgelegt ist und die LED nicht am Limit betrieben wird, dann macht das eine oder andere Staubkorn etc. zwischen Platine und Kühler nicht so viel aus. Wenn aber der Kühler irgendwo nahe 100°C ist und die LED noch den vollen Strom bekommt, ist die Katastrophe eigentlich vorprogrammiert.
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Romiman
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Di, 25.09.18, 14:54

Die gleiche Erfahrung (wie John S.) hab ich auch gemacht. Bei mir sind auch noch so einige Eigenbauten aus 2007-2011 in uneingeschränktem Betrieb. Und ich hab schon so einige Tear-Downs gemacht, und dabei nicht selten festgestellt, dass der entscheidende Klacks WLP (Wärmeleitpaste) zwischen LED und Kühlkörper entweder zu klein oder schlecht positioniert (nur etwas am Rand) war oder schlicht komplett fehlte!
Nicht selten ist auch, dass die LED nur durch ihre Lötkontakte gehalten wird, und nur einen winzigen Klacks WLP unter der thermischen Fläche hat.
Und heute wird die Kühlung bei neuen Kaufprodukten ja viel schwächer ausgelegt, die allerwenigsten LED-Leuchtmittel haben noch diese massiven verrippten Kühlkörper wie vor 7-10 Jahren üblich.
Wolframwurm74
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Di, 25.09.18, 17:26

Ich hatte auch schon Pläne eine Lampe selber zu bauen, aber mir fehlt leider die Zeit dazu.

Gehen von beschädigten LEDs, wie in meinem Fall, eine Gefahr aus? Könnte es, wenn es dumm kommt, vielleicht sogar zu einem Brand kommen?
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Achim H
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Di, 25.09.18, 18:12

Gehen von beschädigten LEDs, wie in meinem Fall, eine Gefahr aus? Könnte es, wenn es dumm kommt, vielleicht sogar zu einem Brand kommen?

Aufpassen müsste man nur bei solchen Materialien, die einen sehr niedrigen Flammpunkt haben. Ab ungefähr 150°C und höher stirbt die Led. Sehr viele Kunststoffe sind erst ab ca. 150°C verformbar. Bevor diese einen Flammpunkt erreichen würden, ist die Led längst tot. Und Alu (der Kühlkörper) brennt nicht.

Es ist aber nicht auszuschließen, dass die Isolierungen von kreuz und quer verlegten Kabel wegschmoren und dabei einen Kurzschluss produzieren, der anderswo (zum Beispiel im Netzgerät) einen Brand auslösen könnte --> nur bei solchen Netzgeräten ohne Übertemperaturschutz.

Zur Absicherung könnte man eine Thermosicherung in die Leitung der Netzspannung einbauen. Bei Überschreiten der aufgedruckten Temperatur brennt die Sicherung durch (muss ersetzt werden) und schaltet den Strom zum Netzgerät aus. Alternativ könnte man auch einen Thermoschalter (Thermostat, Bimetall-Schalter) verwenden. Da die Led selbst ab ca. 150°C sterben würde, sollte die Temperatursicherung bzw. der Thermoschalter schon etwas früher auslösen. Sinnvoll wäre eine Temperatur um 100°C.

Zum Beispiel
Links zu Reichelt:
Temperatursicherung 94°C (max. 250V~ @ max. 10A)
Temperatursicherung 98°C (max. 250V~ @ max. 10A)
Temperatursicherung 104°C (max. 250V~ @ max. 10A)

Link zu Pollin: Thermoschalter
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