Berührungsschutz bei LED-Konstantstromquellen mit >200 V?

Schaltungen, Widerstände, Spannung, Strom, ...

Moderator: T.Hoffmann

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Sa, 24.06.17, 17:59

Konstantstromquellen wie die HCCG-100 Serie von Meanwell generieren bis 285 V, wenn keine Last angeschlossen ist oder entsprechend viele LEDs angeschlossen sind und tragen trotzdem alle Schutzzeichen. Ist da ein besonderer Berührungsschutz ähnlich für Netzspannung notwendig? Galvanische Trennung liegt vor.
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Sa, 24.06.17, 18:18

An einer Konstantstromquelle wird nichts angeschlossen, wenn das Netzgerät bereits unter Spannung steht.

Falls Du im laufenden Betrieb an einer Led Plus + Minus berührst, passiert gar nichts. An jeder Led fällt nur eine Teilspannung ab.


Auszug aus Wikipedia Stromunfall:
"In Deutschland darf die maximale Berührungsspannung laut Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik 50 V Wechselspannung oder 120 Volt Gleichspannung nicht übersteigen."

Wenn Du Lampen konstruierst, ist es Deine Aufgabe dafür zu sorgen, dass Plus + Minus von der Konstantstromquelle oder eine Kombination aus mehreren Leds, dessen Summe der Teilspannungen >120V beträgt, nicht gleichzeitig berührt werden können.

Effektive Schutzmaßnahmen wie einen Fehlerstromschutzschalter sind mir nicht bekannt. Ich glaube auch nicht, dass diese mit einem Konstantstrom funktionieren würden.


Nachtrag:
es gibt auch Konstantstromquellen, die höhere Spannungen generieren können.

Nur als Beispiel: Meanwell HVGC-150-350:
Konstantstrombereich: 42-428V @ 350mA.
Der Überspannungsschutz springt bei 430-460V an
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So, 25.06.17, 11:05

Ja, genau solche meinte ich. De facto wird das heißen, dass man das fast wie für Netzspannung aufbauen muss, denn z.B. als Unterschrank-Beleuchtung mit einem 60 V - Modul alle halbe m wäre dann gefährlich, wenn zwei verschiedene Module gleichzeitig angelangt werden.

Interessanterweise dürfte auch so mancher Audio-Verstärker kritisch sein, denn die Endstufen werden üblicherweise mit +/- 50 V bis + / - 120 V betrieben. Die Lautsprecherterminals sind aber erst neuerding berührgeschützt.
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So, 25.06.17, 17:31

Ich habe jetzt eine zeitlang nach einem HCCG-Netzgerät gesucht, konnte aber keines finden. Meintest Du zufälligerweise ein HVGC-100?
Falls Ja, dann schau Dir mal das Blockdiagramm im Datenblatt auf Seite 3 an.

Unterhalb von Minus gibt es ein Schutzzeichen für Erde (PE). Zwischen Minus und PE hängt ein Kondensator (wahrscheinlich reicht dafür auch ein Y2 Kondensator). PE kannst Du dann an das normale PE (das gelb-grüne Kabel) anschließen, der den Fehlerstrom an den FI im Sicherungskasten übermittelt.

Aus dem Datenblatt zum HVGC-100:
PE_Ausgang_KSQ.png
Fraglich bleibt, wieviel dieser Schutz tatsächlich leisten kann.
Das metallische Gehäuse der Lampe (falls vorhanden) sollte sowieso an PE angeschlossen werden.
Minus wäre erst von der Kathode der letzten Led zurück zur Konstantstromquelle.
Die Reihenschaltung mit allen Leds sind aber an Plus angeschlossen.
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So, 25.06.17, 20:34

Sorry, war Tippfehler, genau das meinte ich. Stimmt, der Kondensator ist mir gar nicht aufgefallen. Eigentlich macht der es nur schlimmer, denn er erlaubt es der Ausgangsschaltung, sich auf eine Spannung gegenüber Erde aufzuladen und puffert dies ab. Wenn nun jemand anlangt, löst das vielleicht den FI (heute sagt man RCD) aus, aber vorher hat der arme Mensch die Ladung des Kondensators nach Erde abzuführen.
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So, 25.06.17, 21:00

Stimmt, der Kondensator ist mir gar nicht aufgefallen. Eigentlich macht der es nur schlimmer, denn er erlaubt es der Ausgangsschaltung, sich auf eine Spannung gegenüber Erde aufzuladen und puffert dies ab.

V- bzw. GND ist ein Null Potential = 0V.
... aber vorher hat der arme Mensch die Ladung des Kondensators nach Erde abzuführen.
Jeder Mensch wird mehrmals am Tag elektrostatisch aufgeladen. Diese Spannungen können bis über 20.000V betragen und auch mehrere Ampere stark sein. Relevant ist aber nicht die Höhe der Spannung oder des Stroms, der dabei fließt, sondern die Einwirkdauer.

Laut WIMA beträgt die Flankensteilheit (F) eines MKP-Y2 mit 2,2nF: 100V/µsec.
Daraus resultiert ein Impulsstrom von
F x C [µF] x 1,6 = I [A]
2,2nF = 0,0022µF
100V/µsec x 0,0022µF x 1,6 = 0,352A und zwar für die Dauer von 1µsec = 0,000001sec.

Laut Wikipedia - Stromunfall (Link siehe in meiner 1. Antwort) ist ab 300mA mit Bewusstlosigkeit zu rechnen. Dort wird von Einwirkzeiten von 100msec geredet (wurde geschrieben). Da die Einwirkdauer aber nur 1µsec lang ist (danach ist der Kondensator entladen), dürfte nicht allzuviel passieren.

Der FI wird auch nicht ansprechen. Der benötigt 100msec für Ströme bis 30mA, bei größeren Strömen sind es minimal 20msec --> also 20.000mal so lange.
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Di, 27.06.17, 08:50

Hoffentlich ist der Kondensator klein, denn im Prinzip könnte die Sekundärseite wie eine Ladungspumpe arbeiten. Mir wäre ein hochohmiger Widerstand gegen Erde da lieber.

Die HVGC-100-350A gibt es übrigens gerade bei Pollin für knapp 20 €. Sie ist selbst bei 10 und 20% Last effizienter als die LCM25 und LCM60 unterhalb 100% Last sind. Nur die LCM40 kann über einen gewissen Teilastbereich mithalten.
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Klein ist relativ.

Link zu Pollin:
Entstörkondensator VISHAY WYO... 3300 pF - 250 V/440 V - RM 7,5 (geeignet als X1 oder Y2),
Größe: 11 x 11 x 4,5 mm, Kostenpunkt: 5 Cent pro Stück, zzgl. Versandkosten.

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Di, 27.06.17, 12:11

Klein im Sinne von Kapazitätswert!
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Habe ein paar Datenblätter in diverse Shops (Pollin, Reichelt, Elpro, ...) nachgeschaut.
Die fangen alle bei 1000pf = 1nF an. Was kleineres wirst Du wahrscheinlich nicht bekommen.

Bei Elpro kostet ein Y2-Kondensator mit 1nF mindestens 1,44 EUR (zuzüglich 19% MwSt. + Versandkosten). Der Kosten-Nutzen-Faktor ist dafür zu hoch.
Günstigstes Angebot: Pollin mit 3300pF = 3,3nF für 5 Cent --> Link siehe oben.
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